Marken mit falscher Schreibweise - Ja oder Nein?

Studie kommt zu überraschenden Ergebnissen

Start-ups entscheiden sich bei ihrer Namensfindung häufiger für bekannte Begriffe, die beabsichtigt falsch geschrieben sind (z.B. Lyft), anstatt grammatikalisch korrekt (z. B. Lift). Bei dieser Namensstrategie fallen drei Muster auf: Man fügt Buchstaben hinzu, lässt sie weg oder ersetzt diese.

  • Aus Create wird Kreate.
  • Aus Essential Element wird Essntl Elmnt.
  • Aus Fresh wird Phresh.

Dass diese Strategie nach hinten losgehen kann, bestätigt jetzt eine wissenschaftliche Studie, die im Journal of Marketing (Herausgeber ist die American Marketing Association) veröffentlicht wurde: "Choosing the Best Spelling: Consumer Response to Unconventionally Spelled Brand Names" Die Ergebnisse der Tests führen zu der Empfehlung, das Unternehmen nach Möglichkeit auf den richtigen Begriff setzen sollten. Ariyh.com hat die Studienergebnisse zusammengefasst und wesentliche Erkenntnisse veröffentlicht.

 

Kreativität und Aufmerksamkeit vs. Misstrauen und weniger Umsatz

Diese bei Start-ups beliebte Strategie der Namensfindung hat zwei Ursachen:


1.    Start-ups wählen bewusst eine unkonventionelle Schreibweise für ihre Marken, um die Wahrnehmung der Verbraucher positiv zu beeinflussen und Aufmerksamkeit zu erzeugen.
2.    Es ist wahrscheinlicher, dass der dazugehörige Domainname noch frei ist und keine Markenrechte Dritter existieren.

 

Die Studie beschäftigte sich unter anderem mit diesen Fragen: Wie reagieren Verbraucher auf diese Schreibweisen? Wie wahrscheinlich ist es, dass sie der Marke vertrauen und Produkte kaufen? Das Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Menschen für Marken mit falsch geschriebenen Namen entscheiden oder bei diesen kaufen, ist geringer als bei grammatikalisch korrekten Namen. Bei einer Reihe von 8 Experimenten fanden die Forscher folgendes heraus:

 

  • 13,6 % mehr Personen entschieden sich für ein Getränk, wenn es "Clear" hieß, im Vergleich zu "Klear" (61,6 % gegenüber 48 %)
  • Die Wahrscheinlichkeit, eine App mit dem Namen "Daily Gainz" herunterzuladen, war um 19,5 % geringer (im Vergleich zu "Daily Gains").
  • Die Wahrscheinlichkeit, ein Erfrischungsgetränk mit dem Namen "Fresh" zu kaufen, war um 33,6 % höher (im Vergleich zu "Phresh").


Allerdings verschwand dieser Effekt oder verringerte sich, wenn:

  • die Leute sich vom Kauf ein unvergessliches Erlebnis versprachen (z. B. Drinks mit Freunden, ein Teambuilding-Event)
  • das Unternehmen eine aufrichtige Motivation hinter seinem unkonventionellen Namen hatte (z. B. der Name wurde von einer Gruppe von Menschen erfunden oder entspricht dem Nachnamen der Gründer)

Bei der Entscheidung für einen Namen muss man also immer abwägen, inwieweit Kreativität und schnell gewonnene Aufmerksamkeit einem Verlust an Sales und Misstrauen gegenüberstehen.


Warum wir falschen Schreibweisen skeptisch gegenüberstehen

 

Wie lässt sich dieses Misstrauen gegenüber der falschen Schreibweise begründen? In der Studie gibt es dafür folgende Erklärung: Wenn eine Marke etwas Unerwartetes tut, stellen wir Vermutungen darüber an, warum sie das getan haben könnte. Wenn eine Marke ihren Namen ungewöhnlich schreibt, gehen wir davon aus, dass dies eine absichtliche Marketingtaktik ist, um uns zu überzeugen, und ein schlechter Versuch, cool auszusehen. Das wirkt unaufrichtig, und wir reagieren negativ auf den Versuch, uns zu überreden, und sind weniger geneigt, etwas zu kaufen.

Grenzen und Einschränkungen

Wie bei jeder wissenschaftlichen Studie gibt es auch hier Grenzen und Einschränkungen, die berücksichtigt werden sollten.
Den Befragten wurden bei den Tests echte (aber unbekannte) oder erfundene Marken vorgestellt. Daher bleibt es offen, ob Menschen bei sehr bekannten Marken wie Lyft oder Tumblr genauso reagiert hätten. Außerdem gilt dieses Misstrauen wahrscheinlich nicht für die Umbenennung bestehender bekannter Marken.

Die Studie untersuchte Markennamen in englischer Sprache und die Reaktion von Muttersprachlern (Amerika, England, Irland, Australien, etc). Es ist unklar, ob sich die Ergebnisse auf andere Sprachen übertragen lassen. Im deutschen Sprachgebrauch ist die Verwendung von Kola anstatt Cola nicht ungewöhnlich und wird vermutlich kein großes Misstrauen hervorrufen. Kreationen wie Phresh sind für deutschsprachige Menschen nicht zwingend als „Fresh“ lesbar, sondern eher als Presh, sodass kaum erkennbar ist, um was es sich dabei handeln könnte. Das könnte das Misstrauen noch weiter steigern.
Interessant wäre daher, ob eine Studie, die mehrere Sprachen abdeckt, auf ähnliche Ergebnisse kommen würde.

Brands, die falsche Schreibweisen nutzen

Der Trend zur falschen Schreibweise von Markennamen hatte im Jahr 2021 vor allem bei Start-ups seinen Höhepunkt. Zwischenzeitlich wurde er abgelöst von Namen, die aus dem Tier - oder Food-Bereich kamen (Squirrel, Carrot). Obwohl laut der Studie von falschen Schreibweisen abgeraten wird, hält der Hang zur falschen Schreibweise bei Start-ups an. Einige ehemalige Start-ups, die heute weltweit bekannte Brands sind, wie Twitter/X oder Instagram, hatten eine späte Erkenntnis. Der Kurznachrichtendienst Twitter/X startete mit der Domain twttr.com, weil diese noch frei zu registrieren war. Die Erkenntnis, dass twitter.com die bessere Domain ist, kam zum Glück schnell. Ein halbes Jahr nach Launch des Dienstes kauften die Gründer die Adresse, unter der Twitter weltweite Bekanntheit erlangte. Flickr hat ebenfalls vorgesorgt und leitet die korrekte Schreibweise flicker.com auf flickr.com weiter. Ein kluges Beispiel für eine falsche Schreibweise ist die Marke Ahoj Brause von Katjes. Die korrekte Schreibweise wäre Ahoi, doch durch die visuelle Ähnlichkeit der Buchstaben i und j fällt der Unterschied kaum ins Auge.

 

Hier eine Auswahl an Brands, die sich bewusst für eine falsche Schreibweise entschieden haben:
 

Cheez
Knuspr
Layzr
rooom
nakt
voize
bliq
UNKNWN
Flickr
Tumblr
wrstbhvr
tiramizoo
vimeo

Domain Hacks als kreative Methode der Namensgebung

Start-ups werden auch kreativ, wenn es um die Domainnutzung ihrer Brands geht und bedienen sich gerne bei sogenannten Domain Hacks. Dabei werden Marke und Domainendung so gewählt, dass sie insgesamt den Markennamen ergeben. Beispiele dafür sind instagr.am oder bit.ly. Doch auch diesen Marken war es ab einem bestimmten Erfolg zu heikel, nicht die .com Variante zu besitzen, und sie wechselten zu instagram.com und bitly.com.

Tipps für die Namenssuche
 

Betrachtet man global agierende Marken-Experten wie Unilever oder P&G, scheinen diese keine falsch geschriebenen Marken zu verwenden. Auch aus Domainsicht lautet die klare Empfehlung, die beste Schreibweise als Markennamen und somit auch als Domainnamen auszuwählen.

Sowohl aus Marken- als auch aus Domainsicht ist die KISS-Formel am erfolgreichsten und somit auch unsere Empfehlung als Domain-Experten: Keep it simple and stupid. Also so kurz und einfach wie möglich, damit der Name gut erinnerbar und unverwechselbar ist. Eine Auswahl an besonders guten, beschreibenden Domains sind über unseren Domain-Marktplatz erhältlich. Sollte der Domainname bereits vergeben sein, kann unser Broker-Team beim Ankauf unterstützen.

Wenn man sich dennoch für eine kreative Namensfindung entscheidet, sollte zumindest die richtige Schreibweise als Domain und zusätzlich Tippfehler-Varianten im Portfolio vorhanden sein.

Marken-Experten nennen noch ein weiteres Plus für Brands, die Wärme, Empathie oder Vertrauenswürdigkeit mit ihrem Namen vermitteln möchten. Man solle weibliche Namen verwenden: Mona, Nia oder Alexa sind nur einige real existierende Beispiele. Wer sich tiefer mit der Thematik um die Wirkung männlicher und weiblicher Markennamen beschäftigen möchte, findet in diesem Beitrag (englischsprachig) weitere Infos.