Mit dieser Frage musste sich jetzt das Oberlandesgericht Dresden beschäftigen.
Die Antragstellerin betreibt einen Online-Handel für Damenmode und begehrt ihre Eintragung im Handelsregister unter der Firma X-shop-germany e.Kfr. [eingetragene Kauffrau], hilfsweise unter X -shop-germany.eu e.Kfr. Sie ist Inhaberin der Internetdomain X-shop-germany.eu.
Das Amtsgericht Leipzig hat nach Anhörung der Industrie- und Handelskammer Leipzig darauf hingewiesen, dass die Eintragung nicht vorgenommen werden könne, weil die Firmierung in beiden Varianten unzulässig sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht Leipzig durch Beschluss vom 22.07.2010 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Dresden (Beschluss vom 15.11.2010 - 13 W 0890/10) war anderer Meinung und hat das Registergericht angewiesen, die Eintragung vorzunehmen.
Wo war das Problem? Wir blicken ins Gesetz und lesen in § 18 Absatz 1 Handelsgesetzbuch (HGB): „Die Firma muss zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen.“ Aus diesem § wird wieder sehr schön deutlich, dass Juristen eine andere Sprache sprechen als alle anderen Menschen auf diesem Planeten. Mit dem Wort „Firma“ meint der Jurist nicht das Unternehmen selbst, sondern nur den Namen des Unternehmens. Dieser Name muss (wie eine Marke im Übrigen auch) Unterscheidungskraft besitzen, um in das Handelsregister eingetragen werden zu können. Ist eine Domain damit als Firma eintragungsfähig? Keine Probleme ergeben sich, wenn die sog. Domainfirma unterscheidungskräftig ist (z.B. petramustermann-shop.de). Beim vorliegenden Streitfall ist die Second-Level-Domain allerdings beschreibend und damit nicht unterscheidungskräftig. Kann bei der Betrachtungsweise die Top-Level-Domain (hier: .eu) mit herangezogen werden? Das ist umstritten.
Einige Gerichte sagen: Der für die Beurteilung der Unterscheidungskraft maßgebliche Teil der Firmenbezeichnung ergibt sich ausschließlich aus der sogenannten Second-Level-Domain (so zuletzt das Landgericht Köln im Jahr 2008 im Fall „brillenshop.de GmbH“ – [keine Eintragung]).
Andere Gerichte sagen: Es ist sowohl auf die Second-Level-Domain als auch auf die Top-Level-Domain abzustellen. Aus beiden zusammen könne sich eine hinreichende Unterscheidungskraft einer Firmenbezeichnung ergeben (so zuletzt das Amtsgericht Frankfurt/Main
im Jahr 2009).
Das Oberlandesgericht Dresden schließt sich in der aktuellen Entscheidung der Frankfurter Auffassung an. Die Dresdener Richter meinen, dass eine Unterscheidungskraft bei beschreibender Second-Level-Domain dann über die Top-Level-Domain hergestellt würde, da jede Domain weltweit einzigartig sei. Es sei zwar richtig, dass bei markenrechtlichen Auseinandersetzungen grundsätzlich ausschließlich auf die Second-Level-Domain abzustellen sei. Bei Unternehmenskennzeichen sei aber die gesamte Domain zu betrachten. Die Unterscheidungskraft einer an eine Internetdomain angelehnten Firma gem. § 18 I HGB könne sich daher aus dem Zusammenhang einer für sich gesehenen nicht unterscheidungskräftigen Second-Level-Domain und der dazu gehörenden Top-Level-Domain ergeben.
Praxistipp:
Marke, Firmierung, sonstige Kennzeichnungen, Domains – all das ist „Chefsache“. Alle Überlegungen sollten so früh wie möglich (am besten noch vor Beginn jeder geschäftlichen Tätigkeit) mit einem versierten juristischen Berater abgesprochen und regelmäßig überprüft werden. Wenn Sie eine Domainfirma mit beschreibenden Anklängen wählen wollen, so erkundigen Sie sich am besten beim zuständigen Registergericht nach der lokalen Eintragungspraxis. Überlegen Sie allerdings vorher, ob eine solche Domainfirma wirklich sinnvoll ist. Viele Unternehmer glauben, dass Firmen, die nur aus sehr wenigen unterscheidungskräftigen und viel beschreibenden Namensteilen bestehen, eine gute Wahl sind. Das Gegenteil ist der Fall.
Dr. Ulrich Luckhaus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Greyhills Rechtsanwälte und Spezialist für nationales und internationales Domain- und Kennzeichenrecht www.greyhills.eu