Kennen Sie Hambo? Oder The Hogfather? Nein? Nicht verwunderlich: Sie müssten schon in den USA leben und auf der Suche nach einem Anwalt sein, um mit diesen Begriffen etwas anfangen zu können. Zurückzuführen sind sie auf berühmte Filmtitel ("Rambo" und "The Godfather") und die aus englischen Ausdrücken für Schinken ("Ham") beziehungsweise Schwein ("Hog") zusammengesetzten Wortkreationen für die Hamilton Law Firm aus Las Vegas.
Die Anwaltskanzlei war vor einigen Jahren auf der Suche nach einer passenden Domain für ihren Internetauftritt - und musste sich aufgrund der Häufigkeit des Namens Hamilton im englischen Sprachraum letztlich mit dem abgekürzten hamlegal.com begnügen. Da lagen Wortspiele in Verbindung mit Schweineschinken auf der Hand. Und so lassen sich die Anwälte der Kanzlei in den offiziellen Werbeclips auch gerne mal mit kiloweise Räucherfleisch bewerfen.
Bevor Sie jetzt auf die Idee kommen, sich Domains wie speckanwalt.de zu sichern und ähnlich selbstironische Videos für die Mandantenakquise zu produzieren: In Deutschland schiebt das Werberecht ähnlich einfallsreichen Anwaltswerbungen (noch) einen Riegel vor. Werberechtliche Grundlage für anwaltliche Mandantenakquise ist "Sachlichkeit".
Historisch bedingte Einschränkungen beim anwaltlichen Werberecht
Anwälte in Deutschland unterliegen grundsätzlich einem eingeschränkten Werberecht – ebenso wie Ärzte, Apotheker, Steuerberater, Rechtsanwälte und Architekten. Ihren historisch bedingten Ursprung hat diese Einschränkung hauptsächlich im Gemeinwohlcharakter der genannten Berufe. Ein offener Wettbewerb innerhalb eines der angesehenen Berufsstände schade deren Außendarstellung, so die lange Zeit gängige Ansicht. Zudem sahen es Ärzte und Rechtsanwälte aufgrund ihrer über Jahrzehnte hinweg vergleichsweise geringen Anzahl nicht als erforderlich, offensiv um Arbeit zu werben. Es gab genug Patienten und Mandanten für alle.
Zum Ende des 20. Jahrhunderts hat sich das Verhältnis von Vertretern der oben genannten Berufsgruppen und potenziellen Mandanten, Patienten und Kunden maßgeblich verschoben. Die Anzahl der zugelassenen Anwälte in Deutschland hat sich zwischen 1950 (12.844) und 2018 (164.656) mehr als verzehnfacht. Und so ist auch den werberechtlichen Einschränkungen eine stetige Liberalisierung widerfahren – in keinem der genannten Berufsbilder deutlicher als bei den Rechtsanwälten.
Die Liberalisierung der Anwaltswerbung
Bis 1987 galt für Rechtsanwälte ein absolutes Werbeverbot. Es war das Bundesverfassungsgericht, das die für lange Zeit geltenden Regeln für verfassungswidrig erklärte. Festgelegt waren und sind die Eckpfeiler der erlaubten Anwaltswerbung in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und in der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA).
Seit 1994 ist, trotz der stetigen Liberalisierung, vorrangig ein Grundsatz gültig: Gemäß § 43b BRAO ist Werbung "dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist". In § 6 Absatz 1 BORA klingt das ähnlich: "Der Rechtsanwalt darf über seine Dienstleistung und seine Person informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind."
Dieses letzte Gebot des anwaltlichen Werberechts aufzuheben, ist selbst Martin Riemer nicht gelungen. Der Rechtsanwalt aus Brühl bei Köln hat sich jahrelang in skandalös anmutender Werbung geübt, um in den daraus resultierenden gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der zuständigen Rechtsanwaltskammer Köln ein für ihn positives Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht zu erstreiten.
Ein Rechtsanwalt kämpft gegen die Vorherrschaft der Sachlichkeit
Angefangen hat Riemers Feldzug gegen das Sachlichkeits-Gebot bei anwaltlichen Werbemaßnahmen mit bedruckten Kaffeebechern. "Nicht verzagen, Riemer fragen" stand darauf, nebst einem aufgedruckten Bild einer Frau, die sich in selbstmörderischer Absicht eine Pistole unter das Kinn hält. Auf einem weiteren Becher fragte Riemer provokant: "Wurden Sie Opfer einer Straftat?" und zeigte das Bild eines Pfeife rauchenden Lehrers, der einer über das Knie gelegten Schülerin mit einem Lineal auf den nackten Hintern schlägt.
Später schaltete Riemer Anzeigen in einer regionalen Tageszeitung. Eines seiner anstößigen Motive: eine mit einem Tuch bedeckte Leiche, an deren Zeh ein Zettel mit der Aufschrift "War nicht rechtzeitig beim Anwalt" baumelt.
Das erhoffte Resultat brachten diese Bestrebungen nicht: Sachlichkeit ist nach wie vor die Grundvoraussetzung für anwaltliche Werbung – selbst wenn sich die Toleranzschwelle mit der Zeit weiter verschoben hat.
Wer mehr über die Beweggründe des Anwalts erfahren möchte, dem sei dieser Artikel empfohlen.
Grenze der "Sachlichkeit" weicht zunehmend auf
Andere Anwälte hatten mit ihren Gerichtsverfahren mehr Erfolg als Riemer – waren aber auch nicht so provokant:
- Ein Anwalt für Verkehrsrecht nutzte Crash-Geräusche, um seine Radio-Werbung aufzupeppen.
- Eine Anwältin aus den neuen Bundesländern warb mit ihrer erfolgreichen Sportkarriere um Mandanten.
- Eine Kanzlei sicherte sich die (humorvoll gemeinte) Domain recht-freundlich.de für ihren Internetauftritt.
Sie alle mussten sich zunächst vor Gericht rechtfertigen, erhielten in letzter Instanz Recht und durften ihre Werbeideen weiter umsetzen. Vor allem im Hinblick auf die Domainwahl genießen Anwälte heute weitgehende Freiheiten. Der Bundesgerichtshof erlaubt Kanzleien und Anwälten seit einem Beschluss aus dem Jahr 2003 grundsätzlich, Gattungsbegriffe als Domains zu nutzen – auch wenn diese naturgemäß nur einmalig vergeben werden können. Dies sei "weder unlauter noch unsachlich noch generell zu missbilligen". Detaillierte Informationen dazu gibt es hier.
Eine Suche nach den passenden Domains für Anwälte und Kanzleien können Sie direkt auf Sedo.de starten – hier schon mal ein kleiner Vorgeschmack für Anwältin und Anwalt.
Mehr „Domain-Wissen“ finden Sie in unserem Ratgeber.