Cybersquatting gestern und heute
Die aufsehenerregenden Fälle prominenter Kämpfer um die Inhaberschaft ihrer Domains liegen schon einige Jahre zurück. Da stand das Internet als immer wichtiger werdender Schauplatz für die Unterhaltungsindustrie sowohl bei den meisten Stars und Sternchen als auch bei deren Managern noch nicht im Pflichtenheft.
Spektakuläre Fälle von Cybersquatting melden die Medien heute immer seltener. Das reine "Name Hijacking" als vorsätzliche "Entführung" von bekannten Eigen- und Künstlernamen stößt im Einzel- und Zweifelsfall bei der Justiz auf immer weniger Verständnis. In der Vergangenheit, um das Jahr 2000 – der Bronzezeit des Internet –, sah das allerdings etwas anders aus. Wie die folgenden Fälle zeigen:
1. Wer war zuerst da? Madonna oder Madonna.com?
Die Domain "Madonna.com" war viele Jahre lang noch günstig zu haben, als die US-amerikanische Popkönigin mit italienischen Wurzeln einen Welthit nach dem anderen landete. Erst 1998, kurz vor ihrem Comeback nach einer 4-jährigen Künstlerpause, hatte sie jemand für 20.000 US-Dollar erworben. Und bis dahin wurde auch keinerlei "Schindluder" mit diesem Goldschatz getrieben.
Zum damaligen Zeitpunkt fungierte die WIPO (Kurzform von „World Intellectual Property Organization"), noch nicht als internationales Schiedsgericht für Domain-Streitigkeiten. Dann hätte die WIPO wahrscheinlich zugunsten von Ms. Madonna Louise Ciconne in den Konflikt eingegriffenn um zu verhindern, dass die Domain in die Hände von geldgierigen Hijackern gelangt. Doch das war nicht der Fall: Bis ins Jahr 2000 fand man unter madonna.com ein Erotik-Portal. Ab dann übernahm die WIPO den Fall Madonna gegen den Inhaber von madonna.com.
Nun könnte man argumentieren, dass „Madonna“ ein generischer Begriff oder eine Beschreibung ist, den man nicht als Marke schützen und für sich alleine beanspruchen kann. Doch es gab unterschiedliche Auffassungen, auch zugunsten der Sängerin:
"Hätte jemand auf der Website religiösen Inhalt online gestellt, hätte es keine Verwirrung gegeben. Doch wenn man auf der Seite madonna.com Inhalte pornografischer Art sieht…kann das Markenrechtsbestimmungen auslösen, die es Madonna erlauben, den Namen zugesprochen zu bekommen“, so G. Gervaise Davis, ein Anwalt der sich auf Domainstreitigkeiten spezialisiert hat.
Er führte weiter aus: "Häufig gewinnen Beklagte, wenn es um generische Begriffe geht. Doch in diesem Fall ist die Person dermaßen bekannt, dass es das Generische überwiegt. Markenbesitzer haben nicht per se das Recht auf ein Wort, aber sie können die Kennzeichen, die mit einem Wort einhergehen, für sich beanspruchen."
Das Ergebnis des Verfahrens war, dass die Domain als identisch zu Madonnas Marke angesehen wurde und der Inhaber kein legitimes Interesse an der Domain nachweisen konnte. Kurz gesagt: Sie wurde vom Beklagten in bösgläubiger Absicht registriert. Heute gehört der Künstlerin besagte Domain, nebst anderen länderspezifischen Top-Level-Domains.
Ein weiterer berühmter Künstler, Sting, war leider nicht so erfolgreich.
2. Wie tief sitzt "der Stachel" noch?
Als Gordon Sumner seine Karriere als Frontman von "The Police" antrat, hatte er mächtig Glück, dass er von keiner staatlichen Behörde für diesen Bandnamen zur Rechenschaft gezogen wurde. Als Gordon Sumner alias "Sting" den umgekehrten Weg ging, hatte er allerdings das Nachsehen.
Er wollte den Inhaber von sting.com dazu zwingen, den Domainnamen auf ihn zu übertragen, mit der Begründung, die Öffentlichkeit würde den Namen „Sting“ automatisch mit ihm gleichsetzen. Damit fühlte er sich ziemlich sicher, denn nur er alleine sollte die Rechte an diesem Domainnamen haben.
Der Unterschied zwischen Stings und Madonnas Fall ist jedoch, dass Sting nicht der echte Name des Sängers Gordon Sumner ist. Außerdem nutzte der Inhaber von sting.com “Sting” als seinen Online-Spitznamen, so dass ihm keine bösgläubige Nutzung der Domain nachgesagt werden konnte.
Im Juli 2000 entschied die WIPO dass der "Stachel" isting.com" als generischer Name zu bewerten ist, und somit in die Kategorie generischer Domains wie auto.de oder buch.de fällt. Somit hatte er kein Anrecht auf die Domain. Ein Imker und jeder andere hätte ebenso das Recht gehabt, den Begriff „sting“ als Domain käuflich zu erwerben – wie der Künstler selbst. Übrigens: Mittlerweile gehört dem Künstler die Domain. Kaufpreis: unbekannt.
3. Kidman: Nicole oder Nichole?
Deutlich argloser durfte Filmstar Nicole Kidman bei der WIPO auftreten. Sie fühlte sich als Opfer einer der gängigsten Methoden, sich den Nimbus eines Stars als Domain zu sichern – mit einem raffiniert eingebuater Tippfehler. Wer die Domain Nichole-Kidmann.com im Browser aufrief, erhielt eine Vielzahl an Pop-Up Werbung. Diese Fenster mussten User erst einmal alle schließen, bevor sie die Seite wieder verlassen konnten. Offensichtlich hat der Inhaber versucht, sich an der Tippfehlervariante zu bereichern in dem er an den vielen notwendigen Klicks der fehlgeleiteten User verdient hat.
Kidman hatte das Recht auf ihrer Seite. Das WIPO Panel kam zu dem Ergebnis, nicholekidman.com sei identisch oder zum Verwechseln ähnlich zu Kidmans Marke, und der einzige Unterschied zu ihrem richtigen Namen wäre ein beabsichtigter Rechtschreibfehler.
Der Inhaber hatte kein Recht oder legitimiertes Interesse am Domainnamen, und sie wurde in bösgläubiger Absicht registriert und genutzt. So wurde die Domain nicholekidman.com auch an Nicole Kidman übertragen.
4. "The Boss" ist nicht automatisch Chef seiner Fan-Homepage
Wer einem Star als Fan huldigt, fügt seinem Idol keinen Schaden zu. Selbst dann nicht, wenn die entsprechende Fan-Website dazu einen Domainnamen verwendet, der "naturgemäß" eigentlich dem Künstler zusteht. Aber wer eine ganze Armada an Celebrity-Domains besitzt und den gesamten Traffic an ein Celebrity Portal weiterleitet, dem spricht nicht der Fan aus der Seele. Man könnte meinen, diese Domainnamen wurden bösgläubig registriert.
Eine dieser Adressen war brucespringsteen.com, so dass „The Boss“ im Jahr 2001 bei der WIPO ein Schlichtungsverfahren beantragte. Doch trotz der zuvor aufgezeigten Fälle gibt es so etwas wie einen "natürlich gewachsenen" markenrechtlichen Anspruch auf den eigenen Namen nicht. Auch nicht für Mega-Rockstars – ganz egal, ob "born in the USA" oder anderswo.
Der Inhaber der Domain führte zu seiner Verteidigung unter anderem an Folgendes ab: Die Nutzung eines Künstlernamens für die Webseite sei ähnlich sei zu der Verwendung eines Namens, den man auf das Cover eines Magazins druckt. Klingt das für Sie schlüssig? Für die WIPO schon.
Das Panel begründete, dass es „relativ unwahrscheinlich ist, dass irgendein User ins Internet geht und direkt die Seite brucepringsteen.com öffnet, in der Hoffnung, direkt zur offiziellen Bruce Springsteen Homepage zu gelangen. Jeder, der sich annähernd gut mit dem Internet auskennt, würde ziemlich schnell erkennen, dass die dann angezeigte Seite nicht die offizielle sei. Man würde die Seite einfach wieder verlassen und die Suche verfeinern.“
Somit kam der Superstar Bruce Springsteen nicht drumrum, klein beizugeben. Seine offizielle Homepage führt er also weiterhin unter brucespringsteen.net, die ihm schon seit 1998 gehört.
5. Jennifer Lopez: Der gute Zweck heiligt die Mittel nicht mehr
Wie eine Künstlerin als Gewinnerin aus dem Kampf um den eigenen Namen hervorgehen kann, zeigt die "Akte Jennifer Lopez". Im Jahre 2009 hatte sich mittlerweile herumgesprochen, dass sich Künstler ihren Namen „frühzeitig“ markenrechtlich schützen lassen sollten. "J-Lo" errang zu ihren Gunsten einen Schiedsspruch der WIPO, der es den Betreibern von kommerziellen Websites mit den Domains jenniferlopez.net und jenniferlopez.org untersagte, diese weiterhin zu betreiben.
Das Schiedsgericht kam zu der Übereinstimmung, dass die Inhaber keine berechtigte, faire Verwendung für die Domains hatten, wenn sie durch Werbeeinblendungen Einnahmen generieren.
Die Beklagten gingen sogar so weit, ihre wahren Identitäten mit veränderten Whois-Einträgen hinter erfundenen Unternehmen zu verbergen. Für die WIPO war dies ein weiterer Indikator für die bösgläubige Absicht der Inhaber.
Doch wie bereits gesagt: Die Künstlerin hatte das Markenrecht auf ihrer Seite. Der Kontrahent des Stars konnte sich auch nicht länger darauf berufen, dass Teile der eingenommenen Gelder einem guten Zweck zugutekämen. Die Domains wurden somit an Jennifer Lopez übertragen.
Wem gehört der Eigenname, wem gehört die dazu passende Domain?
Wer seinen Künstlernamen – auch in sämtlichen Variationen und Schreibweisen für alle Zeiten gegen Plagiate und "Cybersquatting" schützen möchte, sollte seinen Namen rechtlich als Marke schützen lassen. Ein grundsätzlicher Anspruch, dass mit einem stetig wachsenden Bekanntheitsgrad auch das uneingeschränkte Recht am eigenen Namen mitwächst, besteht anscheinend nicht.
Wir bei Sedo empfehlen, die wichtigsten Domain-Variationen zu registrieren und zu erwerben, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden müssen. Häufig ist dies der günstigere und auch schnellere Weg, um die eigene Online-Identität zu sichern.
Die Wichtigkeit des eigenen Domainnamens für Celebrities hat John Malkovich in diesem Video auf besonders humorvolle Weise gezeigt:
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Mehr Informationen zum Thema Domain Name Dispute Policies finden Sie bei der ICANN. www.icann.org/resources/pages/policy-2012-02-25-enZur WIPO Website geht es hier lang: www.wipo.int/portal/en/index.html