Auf dem Weg zum \"europäischen Dispute\"?

Ein klassischer Fall im Domainrecht:

Beim Streit um eine Domain stehen sich zwei Personen gegenüber. Die eine hat einen Domainnamen ohne Namensrecht, die andere hat ein Namensrecht ohne Domainnamen.
Das Problem hierbei: Wie kommt der Rechteinhaber zu der Domain?

Da der Unberechtigte sowieso kein Recht hat, die Domain zu behalten, wäre für die Nameninhaber die folgende Lösung am liebsten: Die Domain wird übertragen. Hierbei hilft dem Namensinhaber für .de-Domains der Dispute Eintrag. Dieser sperrt die Übertragung an andere und sichert dem Berechtigten den Zugriff auf die Domain, sobald der Nichtberechtigte die Domain freigibt.

Für .eu-Domains gibt es diese Möglichkeit nicht. Hier muss sich der Inhaber des Namensrechts mit einem Schiedsverfahren zufrieden geben. Der Domaininhaber kann die Domain jedoch ganz schnell noch an einen Dritten übertragen. Dann ist die Domain weg und das Verfahren gegen den (jetzt ehemaligen) Domaininhaber ist sinnlos.

Am 10. August 2007 (Az: 5 W 230/07) hat das Kammergericht Berlin nun hier einen neuen Weg beschritten: Es hat durch seinen Beschluss in einem Streit um eine eu-Domain eine Wirkung herbeigeführt, die fast soviel Wert ist wie ein Dispute-Eintrag: Die Domain darf nicht mehr übertragen werden.


Im konkreten Fall sah die Konstellation folgendermaßen aus. Eine Domain wurde mit dem Namen eines Konkurrenten registriert und benutzt. Beim Klicken auf die Seite wurde der Besucher jedoch automatisch auf eine andere, die "richtige", Seite umgeleitet. Die Klage zielte daher auf Unterlassung der Benutzung und der möglichen Übertragung der Domain.

Das Landgericht Berlin differenzierte in seinem Urteil und verurteilte den Domaininhaber nur dazu, die Domain nicht mehr zu verwenden. Die Übertragung an andere wurde nicht verboten, weshalb dem Inhaber des Namensrechts nur halb geholfen wurde.

Der Kläger legte daher Beschwerde ein und bekam eben jetzt beim Kammergericht Berlin Recht.

In seiner Begründung bezieht sich das Kammergericht vor allem auf die Grundsätze der Urteile "maxem.de" und "grundke.de" zu § 12 BGB. Ein unbefugter Namensgebrauch kann schon dann zu einer Identitätsverwirrung führen, "wenn der Nichtberechtigte den Domainnamen bislang nur hat registrieren lassen".
Im vorliegenden Fall hatte der Domaininhaber -wie gesagt- keine Rechte an dem gebrauchten Namen. Daher konnte ihm leicht verboten werden, diesen zu verwenden. Dies hatte ja auch schon das Landgericht entschieden, das Problem blieb weiterhin das Übertragungsverbot.


Wo kein Dispute, da kein Übertragungsverbot?  Weit gefehlt: Das Kammergericht fand eine dem deutschen Dispute-Eintrag ähnelnde Lösung. Und zwar durch ein gerichtliches Verbot, das dem Domaininhaber jetzt untersagt, die Domain zu übertragen. Selbst wenn der Domaininhaber die Domain schon übertragen hätte, hätte er, so das Gericht, den Zustand herstellen müssen, der ohne Blockade der Registrierung bestanden hätte.

Das Kammergericht Berlin betritt hier Neuland. Es wird sich zeigen, ob andere Gerichte folgen. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass ein "richtiger" Dispute - so wie er von der DENIC eG angeboten wird - das schärfere Schwert ist. Das reguläre Disputeverfahren ist (auch wenn es einige andere Schwächen hat) schneller, kostengünstiger und sicherer als ein Gerichtsverfahren. Denn die Domain kann tatsächlich nicht übertragen werden. Im hier entschiedenen Gerichtsfall hätte der Domaininhaber trotz des gerichtlichen Verbotes die Domain gleichwohl übertragen können. Er hätte zwar gegen den Beschluss des Kammergerichtes verstoßen und sich auf ein Ordnungsgeldverfahren einstellen müssen - ein solches Ordnungsgeld geht jedoch am Ende in die Staatskasse; die Domain hat der Domaininhaber damit noch lange nicht.


Ulrich Luckhaus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz  und Spezialist für Domain- und Markenrecht www.ihr-markenanwalt.de.